Arzt hätt‘ ich nicht werden dürfen - eine szenische Lesung am PFFG 

„Ein Tisch, zwei Stühle - sonst nichts. Zwei Männer, dunkle Hosen, weiße Hemden, keine Kostüme, keine Schminke, kein Schnickschnack... was sie lesen und spielen ist eine Symphonie des Grauens; der amtlich verordnete und bürokratisch durchgeführte Massenmord an den europäischen Juden durch die Nationalsozialisten.“ (Bonner Generalanzeiger)

(Quelle: https://www.die-hinterbuehne.de/pages/veranstaltungen_detail.php?vdetail=334, letzter Aufruf: 27.10.2022)

Am Dienstag, dem 18.10.2022, kamen die Schüler der 10. und 11. Klassen in den Genuss einer szenischen Lesung zu den Verhörprotokollen des Adolf Eichmanns.
Lesung Ges 3

Als Leiter des Judenreferats IV B 4 im Reichssicherheitshauptamt war Eichmann u.a. für die Deportationen in Konzentrations- und Vernichtungslager, das Optimieren der Tötungsmethoden und die perfide Ausbeutung jüdischer Familien verantwortlich. Als „Schreibtischtäter“ kam er seinen Aufgaben stets emotionslos, willfährig und erschreckend organisiert nach. Nach der Beendigung des Zweiten Weltkriegs floh der SS-Obersturmbandführer nach Argentinien und lebte dort eine Weile unbemerkt, bis ihn der israelische Geheimdienst Mossad aufspürte und nach Israel 1960 verschleppte. Im Verhör versicherte Eichmann, dass der Arztberuf nichts für ihn gewesen sei, Blut könne er nicht sehen. Erschießungen oder das Verbrennen von unzähligen Leichen hätte er kaum ertragen. Zwei Jahre nach seiner Entführung wurde Adolf Eichmann hingerichtet.
Lesung Ges 1

Seit über 15 Jahren verkörpern Bernd Surholt und Harald Schandry der Hannoverschen Kammerspiele auf der Bühne den SS-Obersturmbandführer und einen Erzähler, der zuweilen aber auch in die Rolle des israelischen Polizeihauptmanns Avner Less wechselt, welcher Eichmann verhört. Vor sparsamer Kulisse und einem geringen Maß an Gestikulation, aber mit Auszügen aus Originaldokumenten zitieren die Schauspieler eindrucksvoll die Worte eines Mannes, der bis zuletzt darauf bestand, im juristischen Sinn unschuldig zu sein.

Nach der 45-minütigen Lesung folgte im zweiten Teil der Veranstaltung eine offene Fragerunde, welche die Schüler nutzen konnten, um den beiden Experten Fragen rund um Adolf Eichmann und den Holocaust zu stellen. Nach einem etwas schwerfälligem Beginn, dem Surholt und Schandry aber souverän mit weiteren Informationen rund um die Themen Deportation, Massenmord und Antisemitismus trotzen, überwog die Neugier der Hörer und Fragen wie „Hätte Eichmann die ihm übertragenen Aufgaben auch gefahrlos ablehnen können?“ oder „Log Eichmann, um einer harten Strafe zu entgehen?“ wurden umfänglich beantwortet. Zurück blieben Schüler, die einerseits Betroffenheit über die Grausamkeit der NS-Handlungen zeigten, andererseits aber auch in ihrem Bewusstsein geschult wurden, dass Rechtsradikalismus, Intoleranz und Diskriminierung in unserer Gesellschaft keinen Platz haben dürfen.
Lesung Ges 2

Wir bedanken uns bei den Darstellern herzlich für diese gelungene Veranstaltung und hoffen auf ein Wiedersehen in den kommenden Schuljahren!